Zum Schutz vor Gefährdungen von Atemwegen und Haut:

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Beschränkung von Diisocyanaten

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Diisocyanate sind in reiner Form bei Raumtemperatur farblose bis gelbliche Flüssigkeiten oder Feststoffe. Diese werden in unterschiedlichster Form als Reaktionspartner eingesetzt. Reagieren Diisocyanate mit Diolen, so entstehen Polyurethane (PU).

PU-Produkte finden in vielen Bereichen des Bauwesens Anwendung. Ein Beispiel ist der PU-Schaum, der durch das Aufschäumen mit einer Spraydose erzeugt wird. Ein Anwendungsfall ist das Einschäumen von Tür- und Fensterrahmen. Die Aushärtung des PU-Schaumes erfolgt durch die Reaktion des Diisocyanates mit der Luftfeuchtigkeit. Ist die Reaktion vollständig abgelaufen, d.h. in diesem Fall, der PU-Schaum ausgehärtet, werden keine Diisocyanate mehr freigesetzt und können somit nicht mehr eingeatmet werden. Eine Gefahr besteht also vorwiegend während der Verarbeitung. Ein weiteres Beispiel für ein PU-Produkt, welches häufig auf Baustellen zum Einsatz kommt, sind PU-Klebstoffe. Diese werden unter anderen zum Verkleben von Bodenbelägen und als Montageklebstoffe verwendet.

Im Rahmen von REACH sind Diisocyanate mit einer Beschränkung belegt worden, da diese Atemwegssensibilisierungen auslösen können.

Das Wichtigste auf einen Blick

Im Rahmen der REACH-Verordnung Anhang XVII, wurde die Beschränkung von Diisocyanaten, Verordnung 2020/1149, im August 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union (L 252) bekanntgegeben.

Diese Beschränkung ist in jedem EU-Mitgliedstaat gültig.

Anwenderinnen und Anwender von Erzeugnissen, die Diisocyanate beinhalten,
können diese nach dem 24. August 2023 nur dann beziehen, wenn sie erfolgreich absolvierte Schulungsmaßnahmen belegen können.

Die Beschränkungsregelung gilt für die industrielle und gewerbliche Verwendung von Produkten, die Diisocyanate ab einer Konzentration von 0,1 Gewichtsprozent enthalten. Dieser Grenzwert darf auch durch eine Kombination mehrerer Diisocyanate nicht überschritten werden.

Glühbirne

Nur wenn die entsprechenden Anforderungen umgesetzt sind, dürfen diese Produkte noch in Verkehr gebracht und / oder weiterverwendet werden.

Onlineschulungen der Hersteller stehen bereits zur Verfügung.

Gefährdungen durch Diisocyanate

Berufsbedingte Atemwegserkrankungen werden häufig durch Diisocyanate ausgelöst. Die Aufnahme von Diisocyanaten in den Körper, erfolgt überwiegend durch das Einatmen als Dampf oder Aerosol. In geringeren Mengen ist auch eine Aufnahme über die Haut oder den Magen-Darm-Trakt möglich. Wiederholtes Einatmen erhöhter Konzentrationen kann zur Einschränkung der Lungenfunktion, chronischer Bronchitis und zu asthmatischen Beschwerden führen.

Arbeiter mit Schutzmaske bei der Sprühschaumisolierung am Dachboden Schätzungen ergaben, dass die gewerbsmäßige und industrielle Anwendung von Diisocyanaten zu jährlich über 5000 an Asthma erkrankten Beschäftigten in der EU führt.

Schon geringe Konzentrationen können eine Sensibilisierung zur Folge haben. Eine hohe Gefährdung durch Einatmen („inhalative Gefährdung“) kann insbesondere bei Spritzanwendungen vorliegen. Zudem können isocyanathaltige Spritzer Hornhautschäden am Auge hinterlassen.

Durch Hautkontakt können lokale toxische und allergische Reaktionen auftreten. In der Gefährdungsbeurteilung muss auch berücksichtigt werden, dass wiederholter Hautkontakt eine stoffspezifische Atemwegssensibilisierung auslösen kann.

Geforderte Schutzmaßnahmen

Neben technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen ist die Teilnahme an Schulungen ein wichtiger Bestandteil des geforderten Schutzniveaus.

Die Schulungsmaßnahmen sollen das Bewusstsein für das Gefährdungspotenzial von Diisocyanaten schärfen und die Anwenderinnen und Anwender dazu anhalten, die unbedingt erforderlichen Schutzmaßnahmen umzusetzen und einzuhalten.

  • Die Lieferanten müssen den Verwendern die geforderten Schulungsmaterialien zur Verfügung stellen.
  • Die Teilnahme der Anwender muss der Arbeitgeber sicherstellen.
  • Die Schulungen schließen mit einer Prüfung ab, nach deren erfolgreicher Teilnahme die Beschäftigten ein Zertifikat erhalten.
  • Die erfolgreich bestandene Prüfung muss dokumentiert werden.
  • Die Teilnahme an der Schulung muss mindestens alle fünf Jahre wiederholt werden.
expandierender Polyurethanschaum

Umfang der Schulungen

Die Beschränkungsregel sieht drei Gefährdungsstufen und den Gefährdungen angepasste Schulungsinhalte vor.

Stufe 1: Basisschulung bei geringem Gefährdungspotenzial

  • bei Tätigkeiten wie z.B. dem Schäumen von Montageschäumen mit Aerosoldosen

Stufe 2: Aufbauschulung bei mittlerem Gefährdungspotenzial

  • bei Tätigkeiten mit offenen Gemischen bei Raumtemperatur, z.B. beim Streichen oder Spachteln von Beschichtungen oder Farben

Stufe 3: Fortgeschrittenenschulung bei hohem Gefährdungspotenzial

  • bei Tätigkeiten, bei denen die Produkte über 45°C erwärmt werden
Stufe 1: Basisschulung 🡆 Stufe 2: Aufbauschulung *
Chemische Eigenschaften der Diisocyanate weitere verhaltensbezogene Aspekte
Toxizität und akute Toxizität Instandhaltung
Exposition gegenüber Diisocyanaten Änderungsmanagement
Arbeitsplatzgrenzwerte Bewertung bestehender Sicherheitsanweisungen
Ursachen von Sensibilisierung Risiko in Bezug auf den eingesetzten Anwendungsprozess
Geruch als Indikator für Gefahren 🡇
Risikorelevanz der Flüchtigkeit
persönliche Hygiene
Viskosität, Temperatur und Molekulargewicht von Diisocyanaten Stufe 3: Fortgeschrittenenschulung *
Risiko einer Exposition durch Hautkontakt und Einatmen jede weitere für die spezifische Verwendung erforderliche Zertifizierung
Risiko in Bezug auf den eingesetzten Anwendungsprozesst offene Handhabung heißer oder warmer Formulierungen (> 45 °C)
Belüftung Sprühen außerhalb einer Spritzkabine
erforderliche persönliche Schutzausrüstung, einschließlich praktischer Anweisungen bezüglich der sachgemäßen Verwendung und Grenzen * Bei den aufgeführten Inhalten der Aufbauschulung und der Fortgeschrittenenschulung handelt es sich um jeweils zusätzliche Schulungsinhalte zur Basisschulung.
Reinigung, Leckage, Wartung
Entsorgung leerer Verpackungen
Schutz umstehender Personen
Erkennen der wesentlichen Handhabungsetappen; spezifische nationale Codesysteme (sofern vorhanden)
sicherheitsförderndes Verhalten

Tabelle 1: Schulungsinhalte für die Basisschulung (Stufe 1), die Aufbauschulung (Stufe 2) und die Fortgeschrittenenschulung (Stufe 3)

Der Weg zu den Schulungen

Es stehen bereits Onlineschulungen der Hersteller zur Verfügung. Dabei muss aus dem umfangreichen Angebot der Schulungen der richtige Kurs ausgewählt werden.
Unter folgendem Link finden Sie Schulungsangebote: https://isopa-aisbl.idloom.events/

Für Anwendungen in der Bauwirtschaft sind das u.a. die folgenden Kurse, die mit dem Freischaltcode FEICA_22_BGBAU kostenfrei absolviert werden können:
Professionelle Anwendung von Kleb- und Dichtstoffen / Kleinverpackungen bei Raumtemperatur
Professionelle Anwendung / Bodenbeläge und Bauwerksabdichtungen
Professionelle Anwendung / Hochdruck-Injektionsharze

Welche Produkte beinhalten Diisocyanate?

Diisocyanate kommen in Schäumen, Klebstoffen, Lacken, Beschichtungsstoffen und Dichtstoffen vor. Ob Diisocyanate in den jeweiligen Produkten enthalten sind, kann anhand des GISCODE oder des Sicherheitsdatenblatts überprüft werden. Zudem muss die Herstellerfirma folgenden Hinweis, sofern das Produkt unter die Beschränkung fällt, auf das Etikett aufdrucken lassen: „Ab dem 24. August 2023 muss vor der industriellen oder gewerblichen Verwendung eine angemessene Schulung erfolgen.“

Polyurethane in Beschichtungen, Lacken und Injektionsharzen
PU 10 PU-Systeme, lösemittelfrei
PU 20 PU-Systeme, lösemittelhaltig
PU 30 PU-Systeme lösemittelhaltig, gesundheitsschädlich
PU 40 PU-Systeme lösemittelfrei, gesundheitsschädlich, sensibilisierend
PU 50 PU-Systeme lösemittelhaltig, gesundheitsschädlich, sensibilisierend
PU 60 PU-Systeme, Reaktionskomponente auf Aminbasis, gesundheitsschädlich, sensibilisierend
Polyurethane in Montageschäumen
PU 70 PU-Montageschäume
PU 80 PU-Montageschäume, hochentzündlich
Polyurethane in Bodenbelagsklebstoffen
RU 0,5 Polyurethan-Klebstoffe / -Vorstriche, kennzeichnungsfrei, lösemittelfrei
RU 1 Polyurethan-Klebstoffe / -Vorstriche, lösemittelfrei
RU 2 Polyurethan-Klebstoffe / -Vorstriche, lösemittelhaltig
Polyurethane in Wasserlacken
W1/DD Wassersiegel mit isocyanathaltigem Härter, lösemittelfrei
W2/DD+ Wassersiegel mit isocyanathaltigem Härter, Lösemittelgehalt bis 5%; N-Methylpyrrolidonfrei
W3/DD Wassersiegel mit isocyanathaltigem Härter, Lösemittelgehalt bis 15%
W3/DD+ Wassersiegel mit isocyanathaltigem Härter, Lösemittelgehalt bis 15%; N-Methylpyrrolidonfrei
Polyurethane in Ölen und Wachsen
Ö10/DD+ Öle/Wachse, lösemittelfrei mit isocyanathaltigem Härter
Ö40/DD+ Öle/Wachse, lösemittelhaltig, entaromatisiert mit isocyanathaltigem Härter

Tabelle 2: GISCODE für isocyanathaltige Produkte

Quellen
BG BAU: Zukünftige Regelungen bei der Verwendung von Polyurethanen [17.10.22]
BG BAU: Isocyanate [17.10.22]
BG ETEM: Einsatz bleibt möglich – in Grenzen [17.10.22]
DGUV:: Polyurethane Isocyanate (Merkblatt M 044 der Reihe „Gefahrstoffe“) – PDF-Datei zum Download [17.10.22]
DGUV: DGUV Information 213-078 Polyurethane

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